

Die Scheier
An dem Ort, an dem sich heute die Forschungsstelle befindet, steht bis in die 1990er-Jahre eine Scheune, die von den Bauern des Weierhofs gemeinschaftlich genutzt wird. In der Scheune werden gemeinsam angeschaffte Geräte untergestellt und deren Verwendung wird untereinander abgesprochen. An der Scheune zur Straßenseite hin wird ein einstöckiger Vorbau errichtet.
Scheune des Weberhäuschens
Der Weber und Bauer Johannes Löwenberg erbaut 1837 die Scheier gegenüber dem Wohnhaus seiner Familie, dem Weberhäuschen. Im Jahre 1851 verkauft er die Scheune an Johannes Krehbiel II. aus Ins Althannese, da die Familie Löwenberg noch im gleichen Jahr nach Franklin Township in Iowa, USA, auswandert.
Die Scheier geht mit der Hofübergabe Ins Althannese in den Besitz von Johann Heinrich Krehbiel (1864-1925) über. Seine Schwester Lydia (1871-1937) ist die Ehefrau von Christian Neff (1863-1946), der 1887 als Pfarrer auf den Weierhof kommt. „Onkel Neff“, wie ihn die Weierhöfer nennen, ist wohl der erste Autobesitzer auf dem Weierhof. Vielleicht will Lydia das Auto ihres Ehemannes von der Straße haben und liegt ihrem Bruder in den Ohren, eine Garage zu bauen. Denn um 1920 wird der kleine Vorbau in Leichtbauweise aus Bimsstein hinzugefügt, der als Garage für das Auto von Onkel Neff dient. Es gibt sogar eine Prüfgrube, um Reparaturen durchführen zu können. Obwohl stolzer Autobesitzer, fährt er selbst nicht so gerne oder vielleicht auch gar nicht (es heißt, er habe keinen Führerschein gehabt), sondern lässt sich lieber von jungen Männern und vielleicht auch Frauen herumkutschieren. So lernen die jungen Leute mit Pfarrers Kutsche Autofahren.
Gemeinschaftscheune der Weierhöfer Bauern
In der Scheune befinden sich über die Jahre unter anderem Geräte, wie zwei Ballenpressen, zwei Walzen, ein Rübensähgerät, ein Jauchefass, die die Weierhöfer Bauern gemeinsam angeschafft hatten.
Beispiel hierfür sind die Ballenpressen. Die Pressen verfügen über eingebaute Zähler, die die Anzahl der gepressten Ballen angeben. In einem Notizbuch, das in jeder Presse in einem kleinen Fach liegt, schreibt der Bauer den Zählerstand vor und nach Gebrauch der Presse auf. Nach dem Sommer schlägt der Rechner die Kosten nach Nutzung auf die Bauern der Genossenschaft um.
Von der Außenwand des Vorbaus zugänglich befindet sich hinter einer kleinen Holztür ein Druckluftkompressor. Die Bauern halten davor an, um die Reifen ihrer Traktoren und Wagen mit Luft aufzufüllen. Gut funktioniert es auch, mit dem Fahrrad vorbei zu kommen und schnell die Reifen aufzupumpen. Man muss jedoch vorsichtig sein, denn eine Anzeige für den Luftdruck gibt es nicht. So ist hier auch der ein oder andere Fahrradschlauch schon mal geplatzt. Die kleine Holztür, hinter der sich der Kompressor verbirgt, fungiert lange als Schwarzes Brett des Weierhofs. Hier werden Plakate und Nachrichten aufgehängt.
Auf der Seite gegenüber der großen Einfahrt der Scheune, gibt es ein kleines Tor. Da die Scheune am Hang errichtet ist, schwebt dieses kleine Tor sozusagen ohne Treppe in der Luft. Die Bauern können mit einem Wagen vorfahren, das kleine Tor öffnen und gefüllte Säcke einfach, weil fast ebenerdig, auf den bereitgestellten Wagen verladen.
Nachdem der kleine Vorbau als Garage ausgedient hat, befinden sich dort über die Jahre eine Saatgutreinigungsmaschine, Schrotmühle und eine Beiztrommel. Es wird meist mit Quecksilber gebeizt.
Johannes Driedger putzt hier das Saatgut für die Weierhöfer Bauern und schrotet Getreide. Seine kleine Hühnerschar hält er in einen Verschlag auf der Westseite der Scheier.
Vom Jugendtreff zur Forschungsstelle
Für die Kinder und Jugendlichen auf dem Weierhof ist Die Scheier ein besonderer Ort. Da sie niemandem gehört und nicht direkt an einen Hof angegliedert ist, kann man sich unbeobachtet treffen. Sicher ist hier das eine oder andere Bierchen gezischt und die erste Zigarette geraucht worden.
Beliebt ist die Scheier auch als Torwand. Die jungen Fußballer versuchen ihre Bälle in den Fensteröffnungen zu versenken. Auch Feste werden hier gefeiert. Man holt die Geräte aus der Scheune, kehrte tüchtig durch und stellt Tische und Bänke auf. Draußen wird gegrillt und die Gesellschaften können je nach Wetter und Lichtverhältnissen vor oder in der Scheune feiern.
Schließlich wird der Vorbau der Scheune wieder zu einer Garage für den grünen VW Camper der Familie Waltner, genannt s’grie Bussje.
Als der Entschluss festssteht, ein neues Gebäude für die Forschungsstelle anstelle der Scheune zu bauen, sind viele helfende Hände gefragt. Viele Gemeindemitglieder der Weierhöfer Mennonitengemeinde unterstützen den Ab- und Neubau. 1998 zieht die Forschungsstelle mit Bibliothek und Archiv in ihr neues zu Hause ein.